Geschäftsbericht
2024

Im Spital Uster angekommen
Im Spital Uster angekommen
Was hat dich motiviert, diese Position zu übernehmen?
Nach neun Jahren als Klinikdirektor einer Psychiatrie habe ich eine neue Herausforderung mit mehr Dynamik und Bewegung gesucht. Der Schritt in ein Akutspital war naheliegend. Als Pfäffiker ist das Spital Uster das Spital, mit dem ich mich verbunden fühle. Ich konnte mich sozusagen auf meine Wunschstelle bewerben.
Was war dein erster Eindruck?
Ich wurde herzlich willkommen geheissen und durfte im Rahmen eines Einführungsprogramms alle Stationen und Bereiche kennenlernen. Besonders beeindruckt hat mich, mit welchem Eifer, Stolz und Engagement die Mitarbeitenden ihre Arbeit präsentierten. Dieser Einblick hat mir den Einstieg erheblich erleichtert.
Hattest du mit dem Spital Uster zuvor schon Berührungspunkte?
Nicht als Patient. Aber ich hatte beruflich einige Berührungspunkte und Gelegenheiten für eine gute Zusammenarbeit.
Wie alle anderen Mitarbeitenden hast du an deinem ersten Arbeitstag den Einführungstag durchlaufen.
Genau. Er war für mich besonders spannend, da ich ihn aus zwei Blick-winkeln erlebte: Zum einen als neuer Mitarbeitender, der alles aus der Perspektive des Ankommenden wahrnimmt. Zum anderen mit dem Gedanken, bald selbst in der Rolle des Vermittlers zu stehen.
Gibt es etwas, was dich an unserer Kultur besonders überrascht hat?
Überraschend schön war es für mich, dass ich antraf, was man mir vorgängig «versprochen» hatte, nämlich ein sehr familiärer, hilfsbereiter und offener Umgang unter den Mitarbeitenden über alle Bereiche hinweg.
Welche kleine Begegnung hat dich in den letzten Monaten besonders inspiriert?
Ein externer Partner berichtete mir kürzlich am Telefon, dass sein Vater ihm nach seiner Knieoperation am Spital Uster erzählt habe, dass er während einer Kontrolluntersuchung im Restaurant zufällig auf den CEO getroffen sei. Dieser habe ihm, da er mit Krücken unterwegs war, seinen Kaffee an den Tisch gebracht. Mich beeindruckte, dass meine kleine Geste einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen hatte – ein starkes Beispiel dafür, wie wenig es oft braucht, um einen Unterschied zu machen.
Welches war dein erstes erfreuliches Projekt im Spital Uster?
Für mich war es toll, genau zu Beginn der Budget- und Zielplanung für das neue Jahr einzusteigen. So konnte ich von Anfang an mitwirken, meine Ideen einbringen und wertvolle Impulse setzen. Aktiv Teil dieses Prozesses zu sein, war sehr bereichernd.
Wie gehst du vor, um das Spital Uster als Ganzes noch besser verstehen zu lernen?
Ich wechsle die Perspektive und begleite analog zum Patientenpfad die verschiedenen Abteilungen: vom Check-in über den Operationssaal bis zur Station. Dabei möchte ich die Abläufe hautnah erleben, erfahren, worauf die Mitarbeitenden besonders stolz sind, und erkennen, wo es noch Herausforderungen und Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Welche Rolle spielen Innovation und Digitalisierung in der Strategie?
Innovation und Digitalisierung sind zentrale Pfeiler unserer Strategie. Bereits heute setzen wir auf moderne Technologien wie digitale Teamboards, ein Patientenportal, Software-Roboter und Spracherkennungslösungen. Diese Lösungen optimieren Prozesse, entlasten das Team und verbessern die Patientenversorgung nachhaltig.
Wo steht das Spital Uster 2030?
Das Spital Uster steht finanziell auf stabilen Füssen. Es ist ein Magnet für Mitarbeitende und für Patientinnen und Patienten. Es bietet für die 200 000 Einwohnenden im Einzugsgebiet eine exzellente Grundversorgung und ist ein verlässlicher Partner eines regionalen Verbundes, welcher die Patientin oder den Patienten in den Fokus rückt und ihm eine optimale Betreuung bietet.
Was tut dem privaten Martin Werthmüller gut?
Zeit in der Natur. Ob ein Spaziergang mit meiner Partnerin und unserem Hund, Sport im Freien oder Joggen – gerne auch bei Regen, Schnee oder Dunkelheit, wenn die meisten lieber im Warmen bleiben.
Was hält dich persönlich motiviert, wenn es mal schwierig wird?
Zuversicht und das Vertrauen, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt. Oft reicht es, eine Nacht darüber zu schlafen – am nächsten Tag ergeben sich neue Ideen. Ausserdem motiviert es mich, zu wissen, dass ich nicht alleine bin. Mit einer starken Geschäftsleitung, einem engagierten Verwaltungsrat und grossartigen Mitarbeitenden habe ich hier schon erlebt, wie aus scheinbar ausweglosen Situationen etwas Grossartiges entstehen kann. Mit ihrer Leidenschaft und ihrem Einsatz machen unsere Mitarbeitenden den Unterschied – sie sind das Herzstück unseres Erfolgs und unserer Weiterentwicklung.
Was braucht es für eine erfolgreiche Führung?
Zuhören, Begegnung auf Augenhöhe, Vertrauen und Transparenz. Mir liegt eine Kultur am Herzen, die Offenheit für Wandel schafft, echtes Miteinander stärkt und auf Vertrauen basiert.
Welche Botschaft möchtest du gerne noch mitteilen?
Auch wenn sich das vielleicht seltsam anhört: Ich fühle mich angekommen. Ich bin zutiefst dankbar für das Vertrauen und die Unterstützung der Bevölkerung in das Spital Uster. Dieses Vertrauen inspiriert mich, gemeinsam mit allen Beteiligten etwas Nachhaltiges und Wertvolles zu schaffen. Das motiviert mich enorm und ich bin sehr stolz, ein Teil des Spitals Uster zu sein.

Das Spital von morgen entsteht heute
Das Spital von morgen entsteht heute
Das Jahr 2024 in einem Wort. Welches wäre es und warum?
Erfolg! Ein Begriff, der nicht nur unsere finanziellen Meilensteine beschreibt – wie die erfolgreiche Aktienkapitalerhöhung und die vollständige Rückzahlung der fälligen Darlehen –, sondern auch den reibungslosen Übergang in der Führung widerspiegelt. Vital Schreiber hat in seiner Rolle als CEO a. i. mit grosser Umsicht und Engagement geführt. Mit der Übergabe an Martin Werthmüller, den wir als versierten und integrativen CEO gewinnen konnten, ist ein nahtloser Wechsel gelungen. Ausserdem ist mit dem Eintritt von Kim Kuhn als COO die Geschäftsleitung nun komplett. Mit einem starken Führungsteam blicken wir zuversichtlich in die Zukunft.
Hat sich das Spital Uster im vergangenen Jahr genügend verändert?
Natürlich. Veränderung ist die einzige Konstante – das gilt auch für uns. Aber: Wer alles auf einmal auf den Kopf stellt, riskiert Chaos. Wandel braucht Zeit und Richtung. Im Spital Uster sind wir kontinuierlich in Bewegung. Aktuell laufen bedeutende Bauprojekte wie die neue Endoskopie und die Neuausrichtung der Notfallstation. Gleichzeitig verfolgen wir die Idee eines regionalen Spitalverbunds – ein langfristiges Vorhaben mit vielen Beteiligten, von der Politik bis zu den Aktionärsgemeinden. Das ist komplex und nur bedingt planbar – und genau deshalb spannend. Ob es gelingt, ist offen. Aber wir arbeiten mit Überzeugung daran. Und ich persönlich fände es sehr schön, wenn es klappen würde.
Was waren Ihre Erwartungen an den neuen CEO?
Dass er präsent ist, spürbar an der Front, berechenbar und umsichtig. Dass er gemeinsam mit den Mitarbeitenden vertrauensvoll nach vorn blickt. Ich kann mit Überzeugung sagen: Martin Werthmüller hat unsere Erwartungen bisher deutlich übertroffen. Er ist seine Aufgabe mit Ruhe und Bedacht angegangen. Was ihn besonders auszeichnet: Er will zuerst verstehen, bevor er entscheidet. Diese Haltung ist von grossem Wert.
Das Spital Uster hat zuletzt grosse Schritte in Richtung Stabilität gemacht. Welche Herausforderung wird am meisten unterschätzt?
Dass nicht alles planbar ist. Wir bewegen uns in einem Umfeld, das stark von politischen Entscheiden geprägt ist – nicht immer nachvollziehbar, nicht immer beeinflussbar. Und das betrifft längst nicht nur die Schweiz, sondern auch globale Entwicklungen. Die Pandemie vor fünf Jahren hat uns das eindrücklich vor Augen geführt. Deshalb konzentrieren wir uns auf das, was wir wirklich beeinflussen können: gute Arbeit, hohe Qualität, ein klares Bewusstsein für unsere Möglichkeiten und Grenzen. Damit schaffen wir Stabilität – und die nötige Flexibilität, um mit Unerwartetem souverän umzugehen.

Dr. med. Sacha Geier, Verwaltungsratspräsidentin Spital Uster AG
Welche Entwicklung im Gesundheitswesen wird das Spital Uster in den nächsten Jahren am stärksten verändern?
Die Entwicklung wird von stationär zu ambulant zu Hospital at Home gehen. Andere Länder zeigen bereits, wie dieser Wandel funktionieren kann. Parallel dazu gewinnen digitale Plattformen und tragfähige Netzwerke weiter an Bedeutung. Technologien wie Robotik und Automatisierung werden unsere Arbeit zusätzlich verändern – in Prozessen, aber auch in der Interaktion mit Patientinnen und Patienten. Und nicht zuletzt wird sich der Fokus weiter verschieben: weg von der reinen Behandlung hin zur aktiven Erhaltung von Gesundheit. Dieser Perspektivenwechsel wird das Gesundheitswesen langfristig prägen.
Was wird sich für die Patientinnen und Patienten in den nächsten Jahren am stärksten verbessern?
Die Abläufe werden effizienter, die Prozesse klarer – mit einem spürbaren Fokus auf Zeit und Wertschätzung. «Deine Zeit ist genauso wertvoll wie meine» – dieser Grundsatz wird im Alltag erlebbar. Gleichzeitig wird die Beziehung zwischen Fachpersonen und Patientinnen und Patienten weiter an Tiefe gewinnen: mehr Transparenz, mehr Mitsprache, mehr Begegnung auf Augenhöhe.
Ein Blick in die Zukunft: Wie wird ein typischer Spitalbesuch in 20 Jahren aussehen?
Vielleicht wird es gar keinen klassischen Spitalbesuch mehr geben. Ich logge mich von zuhause in ein digitales Versorgungsnetz ein und äussere meine Anliegen. Nur wenn es wirklich notwendig ist – etwa bei einer Operation – werde ich vor Ort empfangen. Alles andere findet dort statt, wo ich mich am wohlsten fühle: zu Hause. Medikamente und Hilfsmittel werden per Drohne geliefert, die Betreuung erfolgt virtuell oder durch mobile Teams und meine Ansprechpersonen kenne ich aus kleinen, dezentralen Versorgungseinheiten.
Der Blick zurück: Was möchtest du aus dem vergangenen Geschäftsjahr besonders hervorheben?
Wir haben einen Gewinn erzielt – darauf sind wir sehr stolz. Möglich gemacht hat das unser engagiertes Team: Jede und jeder Einzelne hat dazu beigetragen. Dafür gilt mein grosser Dank. Wir wissen genau, was wir gemeinsam geleistet haben, was wir können – und wo unsere Grenzen liegen. Mit diesem Bewusstsein gehen wir sorgsam und verantwortungsvoll weiter.
Interview: Sarah Buob
Finanzen
2024 war finanziell ein starkes Jahr: Mit einem Gewinn von über CHF 3,5 Mio., einem EBITDA von erstmals über zehn Millionen Franken und einer Eigenkapitalquote von 47 % ist das Spital Uster solide aufgestellt. Die erfolgreiche Aktienkapitalerhöhung und ein gesunder Cashflow sichern die Basis für kommende Investitionen.
Zur JahresrechnungStatistiken
Werfen Sie einen Blick in unsere Patientenstatistiken – erfahren Sie, wie viele Menschen wir aus welchen Gründen und wie lange begleiten. Neugierig, wer hinter den Kulissen wirkt? Unsere Personaldaten geben spannende Einblicke in unser Team.
Zu den ZahlenHöhepunkte
Ein neuer CEO, ein innovatives Ausbildungsmodell und ein starker Ausbau der Onkologie – 2024 war ein Jahr des Aufbruchs. Persönlichkeiten wie Natalie Rickli, neue Fachformate, starke Partnerschaften und erstmals seit Jahren schwarze Zahlen zeigen: Das Spital Uster ist bereit für die Zukunft – engagiert, vernetzt und voller Tatkraft.
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Geschichten
Ein offenes Ohr für den eigenen Bauch
Ein offenes Ohr für den eigenen Bauch
Ausstülpungen in der Darmschleimhaut des Dickdarms – sogenannte Divertikel – sind sehr verbreitet. Jeder zehnte Mensch unter 50 Jahren ist davon betroffen. Bei den über 70‑Jährigen ist es jeder zweite. Sie sind gutartig und in der Regel harmlos. Solange sie keine Beschwerden machen, bleiben sie oft unbemerkt.
Unauffällig – bis es weh tut
«Von Divertikeln hatte ich noch nie gehört», erzählt L. K. aus Wermatswil. «Erst als ich mit heftigen Bauchschmerzen und Schüttelfrost ins Spital kam, erfuhr ich, das ich an einer Divertikulitis leide. Im Darm hatten sich Divertikel entzündet, von denen ich bislang keine Kenntnis hatte.» Krampfartige Schmerzen im linken Unterbauch, oft begleitet von Fieber, sind typische Symptome der Divertikulitis. Zusammen mit der körperlichen Untersuchung geben sie der Ärztin oder dem Arzt einen ersten Hinweis auf die Diagnose. Durch das Bestimmen der Entzündungsparameter im Blut und einer weiterführenden Diagnostik mittels Computertomografie kann diese erhärtet werden. «Eine Divertikulitis lässt sich mit einer Antibiotikatherapie gut behandeln», erklärt PD Dr. med. Heidi Misteli, Leitende Ärztin Chirurgie mit Schwerpunkt Viszeralchirurgie am Spital Uster. Bei L. K. war der Spuk nach der Behandlung vorüber. Immerhin für die nächsten fünf Jahre.

Dr. med. Heidi Misteli ist eine von drei Viszeralchirurg*innen am Spital Uster.
Wachsende Unsicherheit
Dann kam der Rückfall. «Die Schmerzen waren zurück», so L. K. «Doch dieses Mal konnte ich sie einordnen.» Im Spital bestätigte sich sein Verdacht: die Divertikel hatten sich erneut entzündet. Wieder half das Antibiotikum. «Beim letzten Mal hatte ich fünf Jahre Ruhe», dachte ich mir. «Also blieb ich zuversichtlich – es würde schon wieder gut werden.» Und doch blieb ein mulmiges Gefühl: Was, wenn es ihn ausgerechnet während seiner geplanten USA-Reise erwischte? «Ich begann, auf Reisen stets eine Notration Antibiotika dabeizuhaben, erzählt der Betroffene. «Eine Hospitalisierung im Ausland wollte ich unbedingt vermeiden.» Doch die erhoffte Ruhe blieb aus. Die Divertikulitis kehrte zurück. Als kurz nach einem weiteren Spitalaufenthalt die vertrauten Schmerzen erneut aufflammten, wurde die mögliche Operation plötzlich ein Hoffnungsschimmer. «Eine Operation ist nur selten zwingend nötig», erklärt Dr. Misteli. «Mitentscheidend ist auch, wie sehr die Beschwerden den Alltag beeinträchtigen – unabhängig von der Anzahl der Schübe. Wenn die Lebensqualität leidet, kann der Eingriff der richtige Weg sein. Die Initiative dafür kommt dabei meist von den Betroffenen selbst. Sie wissen am besten, wann es genug ist.»
«Die Betroffenen wissen selbst am besten, wann genug ist.»
Operation mit dem Roboter
So war es auch bei L. K. Für ihn war nach fünf Entzündungsschüben klar: Er würde sich operieren lassen. Ziel der Operation ist es, den erkrankten Abschnitt des Dickdarms zu entfernen und die gesunden Darmenden wieder miteinander zu verbinden. Operiert wird minimalinvasiv: laparoskopisch oder mit dem Roboter. Heidi Misteli kennt beide Varianten. Früher nahm sie den Eingriffe nur laparoskopisch vor. Heute wählt sie dafür, wenn möglich, den da Vinci-Roboter. Einen Vorteil sieht sie vor allem in den Roboterarmen, die gelenkiger als das menschliche Handgelenk sind und feine, präzise Bewegungen in alle Richtungen ermöglichen – auch in engen anatomischen Räumen. Der Drehpunkt, um den sich das Instrument im Körper dreht, ist fixiert in der Bauchdecke. Dadurch entstehen im Allgemeinen weniger Zug oder Druck auf das umliegende Gewebe. Mistelis Erfahrung: «Die Patientinnen und Patienten sind nach dem Eingriff fitter und kommen schneller wieder auf die Beine.»

Die Operation mit dem da Vinci-Roboter zur Entfernung des entzündeten Darmabschnittes.
Mit Blick nach vorn
Eine Lappalie ist die Operation nicht. Bei L. K. dauerte sie vier Stunden. Etwas länger als erwartet, da der Darm chronisch entzündet war, wie Misteli erläutert. Sie entfernte ein 20 cm langes Darmstück. «Am meisten Angst haben Patientinnen und Patienten vor einem künstlichen Darmausgang», sagt die Chirurgin. «Ein Risiko, das glücklicherweise selten eintritt.» Nach dem Eingriff wird der Darm sorgfältig auf Dichtigkeit, Spannung und Durchblutung geprüft. Bei L. K. verlief die Operation komplikationsfrei. «Der erste Tag nach der Operation war hart», beschreibt er. «Ich fühlte mich komplett schwach.» Drei Tage später geht es ihm bedeutend besser. Er darf das Spital verlassen. Zwar weiss er, dass er es noch einige Wochen ruhig angehen muss, auch wegen der «Kaiserschnittnarbe», wie er sie lachend nennt – der einzige grössere Schnitt in der Bauchdecke, wo der Darm nach aussen befördert werden musste. Aber seine Motivation ist gross – im Wissen, dass er jetzt endlich wieder unbeschwert planen kann.

Keine weiche Kost mehr: Es darf wieder richtig gefrühstückt werden.
Text: Sarah Buob
Therapie mit Weitblick: ambulant, vernetzt, nah
Therapie mit Weitblick: ambulant, vernetzt, nah
Warum braucht es ein Medizinisches Ambulatorium?
Weil sich die Anforderungen in der medizinischen Versorgung verändert haben. Spitalaufenthalte sind heute kürzer, viele Abklärungen oder Therapien lassen sich ambulant durchführen. Gleichzeitig werden die medizinischen Fragestellungen komplexer und erfordern eine koordinierte, fachübergreifende Betreuung. Das Medizinische Ambulatorium schliesst diese Lücke: Es bietet Raum für weiterführende Abklärungen, gezielte Therapien und eine strukturierte Begleitung – ohne dass ein stationärer Aufenthalt nötig ist.
Was ist das Besondere am Ambulatorium?
Wir sind eine Drehscheibe. Wir koordinieren fachübergreifende Abklärungen und Therapien und sorgen dafür, dass alle Schritte sinnvoll ineinandergreifen. Die Patientin oder der Patient muss nicht mehrere Arzttermine an verschiedenen Orten wahrnehmen. Alles läuft bei uns im Haus – begleitet durch eine feste Ansprechperson. Das entlastet und schafft Orientierung in oft komplexen Situationen.

Dr. med. Claudia Bütikofer, Leiterin des Medizinischen Ambulatoriums Spital Uster.
Wer kommt zu euch? Kannst du uns ein Beispiel nennen?
Zum Beispiel jemand mit unklaren Entzündungssymptomen. Die Hausärztin hat vieles bereits abgeklärt, doch die Ursache bleibt offen. Bei uns wird der Patient nochmals umfassend untersucht. Wir analysieren, was bereits gemacht wurde, erkennen Lücken und organisieren gezielte weiterführende Abklärungen – Labor, Radiologie, Rücksprache mit Spezialistinnen und Spezialisten – alles möglichst gebündelt an einem Tag.
Und wer weist zu?
Hausärztinnen und Hausärzte, aber auch Spezialisten. Manchmal ergänzen wir eine stationäre Therapie oder übernehmen z. B. eine Infusionstherapie ambulant. Wir behandeln nur auf Zuweisung.
Gibt es auch Zuweisungen aus der Notfallstation?
Ja, wir arbeiten eng mit dem Notfallteam zusammen. Ein Beispiel: Bei einer Patientin wird eine Nierenbeckenentzündung festgestellt. Die Behandlung mit Antibiotika muss sofort starten – auch wenn der verantwortliche Keim erst in ein paar Tagen vorliegt. Da die Patientin stabil ist, darf sie nach Hause. Also führen wir die intravenöse Infusionstherapie ambulant bei uns im Medizinischen Ambulatorium durch. Am Wochenende übernimmt die Notfallstation. So garantieren wir eine nahtlose Versorgung – ohne Spitalaufenthalt, aber mit voller medizinischer Sicherheit.
Welche Behandlungen bietet ihr konkret an?
Unser Spektrum ist sehr breit. Wir führen Bluttransfusionen durch, machen intravenöse Therapien, bei Bedarf unter Überwachung, komplexe Blutentnahmen oder führen Punktionen durch. Auch Knochenmarksbiopsien gehören dazu. Kurz: alles, was eine präzise Durchführung und medizinische Überwachung braucht, aber eben nicht stationär, sondern ambulant.

Auch eine Bauchwasserpunktion kann ambulant durchgeführt werden.
Betreut ihr im Ambulatorium auch Patientinnen und Patienten über längere Zeit hinweg?
Ja, etwa Menschen mit Bluterkrankungen, die alle drei bis vier Wochen eine Transfusion brauchen. Oder Patientinnen mit entzündlichen (Darm-)Erkrankungen, die wir bei immunsuppressiven Therapien begleiten. Diese Menschen sehen wir immer wieder – das schafft eine vertrauensvolle Beziehung.
Was bedeutet diese Art von Betreuung für die Patientinnen und Patienten?
Sie haben eine feste Ansprechperson, die ihre Krankengeschichte kennt – das gibt Sicherheit und schafft Vertrauen. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit einer komplexen Erkrankung, die sich noch am Beginn einer Therapie befinden. In dieser Phase braucht es häufig noch therapeutische Anpassungen, bei denen Komplikationen auftreten können – manchmal ist dann auch eine kurze Hospitalisation notwendig. In solchen Situationen ist es für die Betroffenen besonders wertvoll, eine vertraute Ansprechpartnerin im Haus zu haben.
Wie ist euer Team aufgestellt?
Neben mir arbeiten zwei Assistenzärztinnen und eine Oberärztin im Ambulatorium. Unterstützt werden wir von einem engagierten Team aus spezialisierten Pflegefachpersonen. Wir arbeiten eng mit vielen Fachdisziplinen zusammen: Kardiologie, Pneumologie, Gastroenterologie, Immunologie, Dermatologie, Hämatologie, Onkologie, Infektiologie, Angiologie, Endokrinologie. Diese Vernetzung ist ein zentraler Erfolgsfaktor.
Wie viele Patientinnen und Patienten betreut ihr jährlich?
Wir führen ca. 8000 ambulante Sprechstunden, Konsultationen, Therapien, Überwachungen und Interventionen pro Jahr durch. Die Nachfrage steigt – auch weil die Spitalwelt sich verändert. Ambulant vor stationär ist nicht nur ein politisches Ziel, es ist oft auch der Wunsch der Menschen.
Was war 2024 das Highlight im Ambulatorium?
Definitiv die neuen Sprechstundenzimmer: Eine kleine bauliche Veränderung mit grosser Wirkung. Sie ermöglichen uns, sensible Gespräche abseits des Behandlungsraums zu führen, während dort gleichzeitig Behandlungen wie Infusionen oder Transfusionen weiterlaufen können.
Du arbeitest schon viele Jahre im Spital Uster. Was bedeutet dir deine Aufgabe?
Viel. Ich habe im Spital Uster als Assistenzärztin begonnen, war später als Oberärztin tätig und bin 2016 nach einer Pause zurückgekehrt. Seither leite ich das Ambulatorium – damals noch unter dem Namen medizinische Tagesklinik. Wir haben das Angebot Schritt für Schritt weiterentwickelt, ausgebaut und bekannt gemacht. Mit dem Namen Medizinisches Ambulatorium haben wir eine Bezeichnung gefunden, die dem heutigen Charakter als moderne Abklärungs- und Therapiestation wesentlich besser entspricht. Dass ich diese Entwicklung mitgestalten und vorantreiben durfte, erfüllt mich mit Stolz.
Interview: Sarah Buob
Blutarmut erkennen – Risiken vermeiden
Blutarmut erkennen – Risiken vermeiden
Am Spital Uster setzen wir auf Patient Blood Management (PBM). Was steckt dahinter?
PBM ist ein modernes Behandlungskonzept, das darauf abzielt, möglichst auf Bluttransfusionen zu verzichten. Wir konzentrieren uns darauf, den Blutverlust zu minimieren und die körpereigene Blutbildung zu fördern – alles im Sinne der Patientensicherheit.
Warum sollte man auf Fremdblut verzichten?
Bluttransfusionen können Leben retten, aber sie sind nicht risikofrei. Denn eine Bluttransfusion ist wie eine «flüssige» Organtransplantation mit potenziellen Nebenwirkungen wie höherem postoperativem Infektionsrisiko, allergischen Reaktionen, langfristig höherem Krebsrisiko und sogar grösserem Sterberisiko. Zahlreiche medizinische Studien haben gezeigt, dass Patientinnen und Patienten mit weniger Fremdbluttransfusionen schneller genesen und seltener Komplikationen entwickeln.
Welche Massnahmen werden bei PBM getroffen?
Patient Blood Management baut auf drei Säulen auf, die auf Massnahmen vor, während und nach der Operation basieren. Vorsorglich möchte man erreichen, dass bei einer Operation kein Fremdblut benötigt wird. Das bedeutet, dass bei bestimmten elektiven Eingriffen präventiv abgeklärt werden muss, ob bei der Patientin oder beim Patienten eine Blutarmut und/oder ein Eisenmangel vorliegt. Dies insbesondere bei Eingriffen, bei denen ein hoher Blutverlust erwartet wird.
Was, wenn ein Eisenmangel vorliegt?
Dann müssen entsprechende Massnahmen eingeleitet werden, um diese zu beheben.
Welche Massnahmen sind das?
Der Eisenmangel lässt sich mit einer Eisen-Infusion therapieren. Folsäure und Vitamin B12 werden dazugegeben, damit sich die Blutarmut innert weniger Wochen verbessert. Ist die Operation kurzfristig angesetzt, so muss in Erwägung gezogen werden, den Termin aufzuschieben, bis die Blutwerte normal sind. In besonders schweren Fällen kann sogar der Einsatz von Erythropoetin (EPO) indiziert sein. Ist die Anämie unklar, muss zuerst die Ursache eruiert werden.
Kommt Blutarmut häufig vor?
Ja – und mit zunehmendem Alter immer häufiger. Beispielsweise leiden bis zu 40 % der orthopädischen Patientinnen und Patienten an Blutarmut, wie Studien zeigen. Sie entsteht, wenn das Blut zu wenig Hämoglobin enthält. Blutverlust, schlechte Ernährung oder chronische Krankheiten zählen zu den Hauptursachen – genetische Gründe sind selten. Die häufigste Form der Blutarmut ist die Eisenmangelanämie.
Was geschieht bei nicht planbaren Eingriffen?
Während und nach der Operation werden verschiedene Massnahmen ergriffen, um den Blutverlust zu minimieren. Angefangen von der Reduktion unnötiger Blutentnahmen, über schonende, minimalinvasive Operationsverfahren bis hin zur modernen Überwachung und Optimierung der körpereigenen Blutgerinnung. Das während des Eingriffs verlorene Blut lässt sich ausserdem mittels sogenanntem Cellsaver auffangen, aufbereiten und dem Körper wieder zuführen. Da es das eigene Blut ist, gibt es keine Nebenwirkungen.
Sind diese Massnahmen wissenschaftlich belegt?
Absolut. Studien zeigen, dass PBM die Sicherheit der Patientinnen und Patienten erhöht. Präoperative Korrektur der Blutarmut senkt die Sterblichkeit, senkt die Spitalaufenthaltsdauer und die Kosten. Das Gleiche gilt für Bluttransfusionen. Weniger Transfusionen bedeuten weniger Komplikationen und kürzere Spitalaufenthalte. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt und fordert PBM als weltweiten Standard.
Wer ist in dieses Konzept eingebunden?
Sämtliche Ärztinnen und Ärzte, die mit Patientinnen und Patienten vor, während und nach einer Operation zu tun haben. Sie sind geschult und wissen, wie PBM umgesetzt wird. Eine ganz wichtige Rolle nehmen die Hausärztinnen und Hausärzte ein. Sie kennen die Patientinnen und Patienten am besten, können eine optimale Vorbereitung sicherstellen und ein frühzeitiges Laborscreening veranlassen. Dieses sollte idealerweise mindestens einen Monat vor der geplanten Operation stattfinden.
Abschliessend: Was bedeutet PBM für die Patientinnen und Patienten?
Mehr Sicherheit, weniger Risiken und eine schnellere Genesung. Wer gut vorbereitet ist, kann einer Operation mit mehr Vertrauen entgegensehen.
Interview: Sarah Buob